Gestern Abend war ich auf einem hochinteressanten Vortrag über Geschäftsbeziehungen und darüber, wie man bis hins hohe Alter geistig fit bleibt. Vor allem eins habe ich daraus mitgenommen: Vor allem Stress ist tödlich. Stress macht uns also nicht nur reizbar und krank, sondern bringt auch unsere geistige Fitness im Alter durcheinander. Also: Wer bis bis 90. Lebensjahr seine Sinne hübsch beieinander haben muss, sollte sie 1) pflegen und trainieren und 2) nicht pausenlos durch die Gegend stressen.
Um eines gleich in aller Deutlichkeit zu sagen: Nicht jeder Stress ist vermeidbar. Wenn ich eine Abgabefrist für einen Artikel habe, muss ich diese einhalten. Es ist kaum anzunehmen, dass irgendein Verlag dieser Welt die Rotation stoppt, weil mein Text noch nicht da ist, da ich gerade eine stressfreie Phase eingelegt habe. Von daher: Die Sachen müssen pünktlich raus, sonst haben meine Auftraggeber – verständlicherweise – von mir beizeiten genug.
Trotzdem bewundere ich meine kleinen Sohn oft in aller Stille für seine Hektik-Resistenz. Egal, wie sehr es am frühen Tag auch pressiert, oder wie eng der Zeitplan ist: Peter ist die Ruhe selbst. „Peter, Du musst Dich anziehen… in 15 Minuten ist Morgenkreis…“ – „Ach Du, ich muss erst noch fertig Zug spielen…“ Während ich genervt auf und ab gehe und quengle, baut der Junior hingebungsvoll kleine Bäumchen rund um seine Holzgleise auf und sucht nach dem Lokomotivführer. Dann sind wir endlich auf dem Weg zum Kindi, zu Fuß, es ist nicht weit. Das heißt, gefühlt ist es oft viel, viel weiter, weil Peter immer stehen bleiben muss, wenn er mit hoch erhobenem Zeigefinger einen wichtigen Satz doziert: „Also Mama, heut machen wir Waffeln… und morgen dann Kartoffelsuppe mit Würstchen. Mag das der Papa auch?“ Das bedeutet im Schnitt mindestens zwei Minuten Pause. So geht es dann die gesamte kurze Wegstrecke, die sich auf diese Art und Weise zu einer mittleren Wanderung ausdehnen kann.
Kommen wir dann endlich japsend und mit hoch roten Köpfen im Kindi an, weil wir das letzte Stück dann doch noch rennen mussten, werden wir meist augenzwinkernd von der netten Erzieherin für den Grund unserer Verspätung gefragt. Peter antwortet ungerührt und ohne mit der Wimper zu zucken: „Weißt Du, die Mami und ich haben voll getrödelt…“ Ach ja. Warum sagen selbst schon kleine Männer WIR wenn sie ICH meinen? Aber egal: Trödeln Sie heute doch auch mal. Schließlich ist ja bald Wochenende. Sie werden sehen, es tut Ihnen gut.