„Wann kommt der Besuch endlich?“ Nervös tapst Peter den Hausflur auf und ab. So ist das immer, wenn wir Gäste kriegen. Nur noch fünf Stunden. Zeit genug also für die Erwachsenen, alles fein zu machen und ordentlich aufzuräumen, Salat zu putzen, Grillfleisch zu besorgen, Getränk bereitzustellen, Weingläser zu spülen und Bier kalt zu stellen. Sollte man meinen. Doch wie immer läuft alles ganz anders. Da ist zunächst einmal Peterchens Zimmer. Das sieht aus wie nach einem mittelschweren Angriff. Erst schimpft Herr Kasi, dann Frau Kasi, und schlussendlich räumen alle zusammen auf. Blamieren will sich schließlich niemand. Drei Stunden lang sortieren wir im Schweiße unseres Angesichts Buttinette-Kataloge, ordnen gemalte Bilder („Die schenk‘ ich alle Dir, Mama…“) und freuen uns über neckische Spielereien aus Überraschungseiern. Irgendwann ist das Mammutwerk geschafft. Noch zwei Stunden bis zum Eintreffen der Gäste. Peter ist erleichtert. Zum Glück kommt nicht jeden Tag Besuch.
Herr und Frau Kasi beratschlagen, wie gegrillt werden soll. Im Hause Kasi ist Grillen nicht nur allein die Zubereitung einer Nahrung, sondern Religion und Hoheitsaufgabe des Herrn Kasi. „Mit Holz“, befindet Frau Kasi, „schmeckt vieeeel besser.“ – „Geht nicht“, entgegnet Herr Kasi, „das Dreibein für den Grillrost ist noch beim Schweißen.“ Richtig. Das liegt in der Nachbargemeinde am Schopf von Herrn Kasis Leib-und-Seelen-Kumpel. Dieser hat unseren altersschwachen Grillrost zum wiederholten Male liebevoll repariert. Über Land fahren will niemand mehr. Deshalb soll mit Gas gegrillt werden. Schmeckt auch, macht satt und geht schnell – vor allem wenn ausgehungerte Kinder am Tisch sitzen. Herr Kasi legt die Stirn in Falten: „Hmmm. Das Gas wird hoffentlich noch reichen…“ Frau Kasi, die bereits die Gartenmöbel von ihrem Plastikhüllen befreit, sagt entgeistert: „Du, sag‘ jetzt aber nicht, dass wir Leute zum Grillen einladen und dann weder Holzgrill noch Gasgrill intakt sind…“ Nö. Herr Kasi befindet, dass das Gas sicher reicht. Was ihm nicht gefällt, ist das spätsommerliche Wetter. Klar, so heiß wie Mitte August ist es auf der Alb nicht mehr. Es ist sonnig, aber ordentlich kühl. Kommando zurück. Familie Kasi will von vor dem Haus auf die wärmere, geschützte Terrasse umziehen. Dazu muss man dort allerdings den Bistrotisch mit den niedlichen Holzstühlchen wegräumen. Zu siebt sitzt es sich an vier kleinen Stühlen und einem Mini-Tisch schlecht. Frau Kasi – behindert durch eine Schiene an der rechten Hand wegen eines ausgekugelten Daumens – macht sich wie der einarmige Bandit ans Werk. Herr Kasi schreitet schimpfend ein: „Heee… lass das. Das ist doch Mist, was Du tust.“ Herr Kasi macht Anstalten, die kleinen Stühle wegzuräumen, um der großen Sitzgarnitur, die sonst vor dem Haus steht, Platz zu schaffen. Doch auch die Terrasse scheint ihm zu kalt: „Neee. Wir ziehen um. Hier zieht’s. Ich will beim Essen nicht frieren und mir den Tod holen.“ Also wird das Grillfest quasi in den Saal verlegt. Noch eine halbe Stunde Zeit.
Als der Besuch kommt, kommt alles ganz anders. Die Kids einschließlich Peter haben nicht vor, im Saale zu spielen und verziehen sich kollektiv an unseren pädagogisch wenig sinnvollen Sandkasten (restlicher Bausand, Abflussrohre, alte Ytong-Steine, ausgediente Blumencontainer) sowie einen dreckigen Speiskübel mit grünem, brackigem Wasser. Nach kürzester Zeit sehen sie aus wie frisch geschlüpfte, kleine, grüne Lehmmonster. Die Eltern der unkomplizierten Kids leisten dem Ehepaar Kasi draußen beim Grillen Gesellschaft (naja, welcher Besuch will schon allein drin sitzen in der frisch geputzten Stube, während die Gastgeber draußen grillen?) Und wo man schon mal da ist, bleibt man hier auch. Man verteilt kurz Teller, Gläser, Besteck, ein paar Flaschen Wasser und Saft. Guten Appetit! Mal wieder viel Lärm um nichts. Als würde es um die Wurst gehen.
Ja, ja, grillen mit Freunden das macht Spaß! Sand, Wasser und Kiesel abends dann aus den Unterhosen der Kinder gefischt. Aber Spaß gemacht hat´s allen, besonders der pädagogisch wenig sinnvolle Sandkasten und das Stöbern in Frau Kasis Alrtkleidersack.
Richtig 🙂 Der Altkleidersack musste bleiben. Als ich Montag Anstalten machte, das Klamottenchaos in der Garage zu lichten, erntete ich herben Protest. Deshalb ist alles noch da – bis zum nächsten Besuch!
hehe, eine gute Geschichte. Danke. Das Lesen hat wirklich Spaß gemacht.