Indoor-Spielplatz und Freizeitparks – an Familie Kasi ist dieser Kelch bislang dankbar vorübergegangen. Weil aber irgendwie „alle“ – „nur Ihr seid so spießig…“ – solche Einrichtungen mit ihrer Familie regelmäßig aufsuchen, reisten wir unlängst ebenfalls einmal hin. Gut zweieinhalb Jahre lang hatte man Sohn 1 diesen Besuch in Aussicht gestellt. Wenn wir nicht komplett die Glaubwürdigkeit verlieren wollten, mussten wir jetzt da durch. Nebenbei: Schon allein der Begriff „Indoor-Spielplatz“ verursacht mir schwere Gastritis – von dem unseligen Anglizismus in der Namensgebung einmal ganz abgesehen. Ein Spielplatz besitzt eine Wippe und eine Sandkiste – und vor allem frische Luft und grünen Rasen. War man dort, muss man meistens zwei Buben ausschütteln und ausklopfen, die komplette Kleidergarnitur waschen, Grasflecken mit Pril versorgen und die Kinder in die Wanne stecken. Trotzdem liebe ich „Outdoor“-Spielplätze, weil man draußen ist und die Natur riecht. Und da braucht’s dann auch kein „Outdoor“ im Begriff.
Die nüchterne und sparsam vertäfelte Industriehalle, in die uns unser Sohn führte, hatte nach meinen – spießigen – Kriterien also mit einem Spielplatz nichts, aber auch gar nichts gemein. Der Geräuschpegel erinnerte mich von der Lautstärke an ein Rockfestival. Überall flogen Bälle aus dem Kugelbad, denn drei Kinder spielten dort Krieg, und Weiß gewann. Zwei Buben mit ungefähr 14 kletterten über die Hüpfburg hinweg und am Rand saßen gelangweilte Mütter und Väter mit Smartphones und schlürften in Socken und Jersey-Wellness-Hosen (gern auch Gammeldress genannt) aus hohen Gläsern Milchkaffee. Ein Vater, vermutlich schon seit fünf Stunden anwesend, stritt lautstark mit seinem etwa sechsjährigen Buben und brüllte dabei dem ungefähr fünf Monate alten Baby ins Ohr. Zwei sehr schicke Mamas in hochhackigen Schuhen wechselten direkt am Kaffeetisch neben der Erdbeertorte die Windeln ihrer Sprösslinge. Nebenher wurden ungefähr 14 Kindergeburtstage gefeiert. An der Pommes-Theke bildete sich eine Schlange wie im Freibad bei 32 Grad im Schatten, und Herr Kasi verlor kopfschüttelnd den Glauben in die Welt: „Dürfen wir noch wählen gehen, wenn wir hier waren?“
Denn direkt neben dem – jetzt leeren – Kugelbad (der Bälle-Krieg war unentschieden ausgegangen) saßen Herr und Frau Kasi. Sie schauten betreten durch das große Panoramafenster in die erste Frühlingssonne. Zugegeben: Die Kids hatten offenbar ihren Spaß. Sie flitzten mit Dreirädern umher, turnten über die Hindernisbahn oder sausten aus schwindelerregender Höhe die Rutsche hinunter. Nach einer guten Stunde kam Peter an. Er zeigte uns begeistert den Ruheraum: „Schaut mal, hier isses schön ruhig. Da gibt’s sogar Sofas.“ Nach weiteren zehn Minuten fragte er UNS; wie lange wir noch bleiben wollten. Wir sattelten die Hühner und flohen. Manches muss man einfach nicht gehabt haben.