Es gibt Frauen, neben denen man sich unweigerlich fett, falsch angezogen und trampelhaft fühlt. Feengleiche Wesen, die in Kleidergröße 32 durch den Raum huschen. Langbeinig und blond sind. Frauen, die in so genannten Bleistiftröcken nicht aussehen wie eine Wurst auf Reisen. Frauen, die stets dezent nach Chanel duften, deren Hände nie rissig und ruppig sind wie Schleifpapier. Frauen, die stets im richtigen Augenblick das Richtige sagen, nie vorlaut sind, sondern auf den ersten Blick gebildet wirken und 20-Zentimeter-Absätze problemlos im Griff haben. Sie tragen Kaschmir und Seide. Solche Frauen sind meistens zartgliedrig und sehr fein, sie kennen neue Modetrends, wissen welcher Designer gerade „in“ ist. Sie wissen aus dem Stegreif, wie man „Ente à l’orange“ kocht und welcher Wein blumig schmeckt. Schade, dass diesen feengleichen Wesen dieses Wissen so wenig nützt, denn sie essen am liebsten Salat ohne Dressing, nur mit etwas Zitrone, und trinken dazu stilles Wasser. Außerdem hören sie nur Chopin und Mozart. Ihre Kinder bauen Jahreszeitentische und spielen mit pädagogisch-wertvollen Puppen ohne Plastik. Selbstverständlich wirken auch die Kinder solcher Frauen immer wie frisch geduscht und bringen auch eine weiße Leinenhose mühelos durch den Tag. Was ich zu erwähnen vergaß: Selbstverständlich sind auch die Wohnungen und Häuser jeder Damen stets steril sauber, meistens ganz in Weiß eingerichtet. Ihre gut sortierten Geschirrschränke offenbaren nur feinstes Porzellan und kein buntes Sammelsurium wie meine.
Nein. So eine Frau bin ich nicht. Ich trage selten Bleistiftröcke (wegen meiner Hüften). Ich hasse hohe Absätze (wegen meiner Ungeschicklichkeit) und trage meistens eines meiner fünf Pärchen Chucks. Ich trinke, wenn überhaupt am liebsten Bier aus der Flasche. Wein beurteile ich nicht nach Blumigkeit im Abgang oder nach Pfirsichduft, sondern lege als Bewertungskriterium lediglich eins an: ob er mir schmeckt oder nicht. Ich bin weder langbeinig noch blond, meine Haare wirken immer ein bisschen so, als wäre ich gerade aufgestanden, und ich hätte keine Bürste zur Hand gehabt. Wegen meiner Mountainbikerei und meines Kraftrainings (das ich für meinen maroden Rücken mache) bin ich weder zartgliedrig noch fein, sondern habe ein ordentliches Kreuz. Außerdem mag ich keine Ente, sondern esse am liebsten Spaghetti Bolo, fette Stadionwurst oder dicke Nutellabrote. Außerdem rede ich zu viel und zu schnell und hänge stets an einer Kaffeetasse, auf der lustige Katzen abgebildet sind oder tanzende Schafe. Ich bin zu laut, zu hektisch und poltrig. Von Diplomatie habe ich so wenig Ahnung wie eine Kuh vom Tangotanzen. Ich verabscheue Tupperabende und Thermomixmittage. Meine direkte Art beschert mir nicht nur Freunde. Am liebsten gröhle ich laut zu den Toten Hosen mit und bin auf dem letzten Konzert sogar in Ohnmacht gefallen. Wenn ein samstäglicher Fußballmittag gelungen war, bin ich bis Mittwoch heiser. Mein Kind spielt am liebsten dort, wo es dreckig ist und singt in der Musikschule gern mal was von den „Ärzten“ vor. Ich frage mich gerade, wie ich es geschafft habe, einen Mann zu finden. Glück gehabt.