Familie Kasi ist zu einer Hochzeit eingeladen. Vermutlich zu so einer, bei der Bräute entführt werden, Reis geworfen, man fröhliche Spiele spielt und sich das Brautpaar ordentlich zum Deppen machen muss. Mir machen solche Feste Spaß, es sei denn, ich bin selbst die Hauptperson oder verpasse ein VfB-Heimspiel. Das Sohnkind ist erst zum zweiten Mal mit dabei – also wissentlich. Dementsprechend groß ist die Aufregung. „Mama“, fragt Peter, „warum heiratet man?“ Ich überlege: „Na, weil man sich gerne mag.“ Das leuchtet ein. Peter hakt nach: „Muss ich das auch mal?“ Ich überlege wieder: „Nur wenn Du wirklich willist.“ Peter ist erleichtert: „Schön, aber wir bleiben dann bei Dir wohnen.“ Diesen Aspekt muss er wohl abermals mit meiner Schwiegertochter in spe diskutieren.
Die Hochzeit beschäftigt Peter allerdings noch ein paar Tage. Wie es sich für einen eitlen, kleinen Kerl gehört, macht er sich tiefschürfende Gedanken zur Kleiderfrage (wie sehr würde ich mir das einmal von Herrn Kasi wünschen). Während Herr Kasi am liebsten im Jogginganzug zur Trauung ginge, ist Peter für seine fünf Jahre schon richtig stilsicher. Und weil man nicht alle Tage zu einer richtigen Hochzeit mit einer „Märchenbraut“ eingeladen ist, erlaube ich – milde gestimmt – den Kauf eines neuen Hemds fürs Sohnkind.
Wir entnern also den schwedischen Kleiderriesen in der hiesigen Innenstadt. Peter sucht sich zunächst ein batikähnliches Teil in Größe 42 aus der Frauenabteilung aus. Mein Hinweis, das sei was für große Mädels, wird gottlob erhört. Ich erinnere mich mit Schaudern an die Tigerhandtasche. Peter hätte von seiner Shoppingwut her vermutlich zwei junge Damen versorgen können. Mit roten Bäckchen hopst er von Regal zu Regal, fühlt fachmännisch Stoffe und beurteilt karierte Hosen: „Die hier sieht aus wie von nem Koch.“ Plötzlich erhellt sich seine Miene. „Schau Mama, ein Rolling-Schtounes-T-Shi!“ Ja, stimmt. Auf dem Hemdchen in Größe 128 prangt gut sichtbar die rote Zunge. Peters Entschluss steht fest: „Das ist cool zum Heiraten.“ Sacht erinnnere ich an den Hemdenwunsch, zeige blitzschnell ein solides, gestreiftes Bubenhemd in Babyblau: „MAMA! Ne! Das ist ja voll spießig.“ Muss ich zustimmen. Ja, das ist es. Wir diskutieren eine Weile hin und her. Peter beharrt auf dem Stones-Hemdchen. Ich sehe mich schon im Geiste mit Herrn Kasi diskutieren. Letzten Endes willige ich ein. Peters Argument, das T-Shirt passe super zu seiner Motorradjacke hat mich überzeugt.