Wie Weihnachten

Wie besinnlich ist die Weihnachtszeit. Dass ich eher ein Muffel bin, liegt weniger an Zimt und Plätzchen, sondern eher an vollen Terminkalendern. Doch das ist eine andere Geschichte. Heute wollen die Jungs Plätzchen backen. Zusammen. Das ist ebenfalls eine explosive Mischung, was  weniger an Mehl und Vanille liegt, als an einem Zuviel an Temperament. Auf beiden Seiten.

14.25 Uhr. Paul holt den Back-Ordner. Er entscheidet sich spontan für hochkomplexe Pistazie-Marzipan-Nougat-Tannen mit reichlich Glitzer. Oh nein.

14.30 Uhr. Pistazie, Nougat und Marzipan sind vom Tisch. Paul hasst Marzipan, Peter Glitzer. Ich bin beruhigt. Meine Einrichtung vermutlich auch.

14.35 Uhr. Peters Suche nach dem passenden Rezept langweilt Paul. Er spielt, dass der kleine künstliche Tannenbaum im Esszimmer brennt und fährt mit der Feuerwehr vor. Dabei versinkt ein Feuerwehrmann auf Nimmerwiedersehen im Baum. Paul brüllt.

14.40 Uhr. Ein Rezept ist immer noch nicht gefunden, dafür aber der verschollene Plastikmann. Der Baum lässt sich auseinander bauen. Ich Fuchs.

14.45 Uhr. Peter und Paul einigen sich friedlich auf Mürbeteig-Plätzchen, um die neuen Stempel aus der Nuss-Nougat-Creme auszuprobieren. Prima, denke ich. Narrensicher. Denkste.

14.50 Uhr. Das neue Rührgerät funktioniert prima. Der Teig spritzt bis an den Kühlschrank.

14.55 Uhr. Der Teig ruht endlich im Kühlschrank. Die Jungs streiten ein bisschen, um sich die Wartezeit zu verkürzen.

15 Uhr. Der Teig ruht noch immer.

16.30 Uhr. Teig wird ausgerollt. Die Plätzchen gelingen, die Stempel sehen schön aus. Friede in der Küche. Wie Weihnachten.

16.55 Uhr. Beim Backversuch laufen sämtliche Plätzchen zu einem großen Stück ineinander. Die schönen Stempel.

17 Uhr. Frau Kasi schneidet das Riesen-Plätzchen in kleine Quadrate. Nicht schön, aber unglaublich lecker. Halleluja.

Sweet Child o‘ Mine

Ich: Paul, Du räumst jetzt Dein Zimmer auf.
Paul: Nö. Habe ich keine Lust zu.
Ich: Paul, jeder muss aufräumen.
Paul: Weiß ich. Lust habe ich trotzdem keine.
Ich (schmeichelnd): Paulchen, komm‘ schon, räum‘ halt auf. Wir essen nachher noch ein schönes Eis in der Eisdiele.
Paul (über alle Maßen gelangweilt): Maaaaama, Du weißt doch, dass ich mich nicht erpressen lasse.
Tja. Was will man dazu noch sagen.

Eiskalter Hund

Kollektives Eisschlecken trotz Eiseskälte, passender Weise auch noch die Sorte „Eiskalter Hund“. Sohn 2: „Mama, mach‘ das Eis schnell auf. Es ist schon ganz erfroren.“ Ja, es ist wirklich kalt.

Schwere Wahl

Ich habe mich beim Entrümpeln am Auge gestoßen. Ein wunderbares Veilchen ist die gut sichtbare Folge. Wenig erfolgreich will ich den fiesen Bluterguss wegschminken. Der große Sohn beobachtet meine Versuche dazu aufmerksam und feixt.
Er: Schwere Wahl, was?“
Ich: „Hä? Welche Wahl?“
Er: „Die Entscheidung darüber, ob man aussehen will wie ’ne komische Tussi, die in der morgendlichen Dunkelheit in die Farbe gefallen ist, oder wie eine erfolglose Profi-Boxerin, die ihre Karriere besser beenden sollte.“ Ich entscheide mich für die dritte Variante: die Sonnenbrille.

Jetzt isser fort

Ich mag Bücher und Kabarettprogramme von Frank Goosen. Unter anderem für seine Einstellung, die besten Geschichten schreibe das Leben. Wenn ihm einmal nichts einfalle, fahre er Regionalexpress ab Bochum. Denn die besten Geschichten… Sie wissen schon. Und er hat recht!

Daran dachte ich diese Woche. Ich musste auswärts einen Facharzt besuchen. Die Wartezeit davor überbrückte ich in einer großen Buchhandlung, gekauft habe ich nichts. Außer meinem Mann bin ich auch dem Buchhändler meines Vertrauens treu. Dennoch barg diese Stunde unfreiwilliger Wartezeit spannende Überraschungen, wenn auch eher unfreiwilligerweise.

Denn während ich mich durch Krimi- und Belletristik-Neuerscheinungen stöberte, kam ich nicht umhin, das Geschehen im Laden mit halbem Ohr zu verfolgen. Frau Kasi hört, so behaupten böse Zungen, mit halbem Ohr mehr als andere mit zwei kompletten Ohren. Mein Interesse fesselte sofort die Frau am Kassencomputer. Dieser war offenbar nicht ihr bester Freund. Während meiner Anwesenheit stürzte er dreimal ab, was sie lautstark und mit süßem Akzent kommentierte: „Aber nein, aber nein, jetzt isser schon wieder fort.“ Ihr Kollege, Typ unsympathischer Streber-Nerd, bediente währenddessen hochtrabend und mit vielen vermeintlich klugen Ratschlägen die Kundschaft: „Ganz brillant von der Sprache her… ganz brillant.“

Bei einem Kunden, einem listig grinsenden, älteren Herren, den man guten Gewissens als „Schlitzohr“ bezeichnen würde, kam er allerdings ins Straucheln: „Entschuldigen Sie“, fragte eben dieser Kunde, „ist das Wimmelbuch vom VfB Stuttgart für die erste oder die zweite Liga? Für den Fall, dass sie wieder aufsteigen…“ Der Nerd kam ins Schwitzen und  näselte: „Äh… nun ja….ich weiß es nicht… vermutlich ist das Buch ligaübergreifend?“ Der Kunde fragte zurück: „Wie? Sie haben es nicht gelesen? Dieses Buch?“ Ein Wimmelbuch??? Lesen??? Frau Kasi zog sich zum Kaputtlachen in die Bilderbuch-Abteilung zurück und verfolgte von dort aus die Unterhaltung weiter. Der Nerd, inzwischen mit nervösem Schweiß auf der Stirn und knallrot im Gesicht: „Nein, das VfB-Buch habe ich in der Tat nicht gelesen, aber viele andere Neuerscheinungen.“ Der VfB-Fan lächelte mild: „Das dachte ich mir.“ Fröhlich winkend zog er – freilich ohne Wimmelbuch – von dannen. An der Kasse stürzte derweil neuerlich der Computer ab: „Jetzt isser fort.“