Walk on

Für unsere Familie hat der Song „You’ll never walk alone“ schon immer eine große Bedeutung gehabt. Mein Mann und ich sind große Fußballfans, besitzen eine Dauerkarte für den A-Block beim VfB Stuttgart. Dort spielt man regelmäßig dieses Lied. Für alle, die diese Hymne des runden Leders nicht kennen: Es handelt davon, dass man auch in stürmischen Zeiten hoffnungsfroh durchs Leben gehen mag, denn nach jedem Unwetter gibt es nicht nur den viel zitierten hellen Streifen am Horizont, sonder sogar mitunter den zarten Gesang einer Lerche – wenn Du den steinigen Weg nicht alleine gehen musst, sondern jemanden an Deiner Seite hast. Als wir uns damals kirchlich trauen ließen und unser Sohn getauft wurde, wollten wir das Lied – gegen den Unwillen so manchen, der es „gut“ mit uns meinte – in der Kirche gespielt haben. Wir fanden, Teamgeist und Miteinader sind keine so schlechten Wegbegleiter für eine junge Familie, in der es vielleicht auch mal stürmisch hergeht. Wir bekamen dieses Lied gespielt, klar, schließlich waren wir ja die Chefs. Und erinnern uns heute noch gern daran.

Wie gesagt, Markus und ich mögen den Song beide gern, wobei ich ihn wohl noch ein bisschen gerner mag. Wenn ein rappelvolles Stadion diesen Klassiker singt und mit Schals und Fahnen wedelt, kämpfe ich als Mädchen, das nahe am Wasser gebaut ist, regelmäßig mit den Tränen. So ergreifend finde ich das. Als Peter dann irgendwann mit ein paar Monaten in dem Alter war, in dem wir ihn an regelmäßige Schlafenszeiten gewöhnen wollten, fand das der Zwerg anfangs ziemlich doof und weigerte sich Abend für Abend tapfer, einzuschlafen. Nun ja, meine Mama gab mir einen alterfahrenen Rat: „Sing ihm halt was.“ Nun ja, jeder, der mich schon einmal singen gehört hat, würde mich NIE freiwillig dazu auffordern. Doch das arme Männlein konnte noch nicht reden, war mir also ausgeliefert. Weil ich normales Liedgut so gut wie nicht kenne, sämtliche VfB-Lieder und Fußballhymnen allerdings im Schlaf vorwärts und rückwärts beten könnte, wählte ich zugegebenermaßen außergewöhnliches Liedgut für ein Neugeborenes. Ich sang mit ihm „Immer wieder VfB“ und „VfB i steh zu Dir“, dazu sorgfältig ausgewähltes Liedgut der Toten Hosen und von Bon Jovi. Bei einem Song wurde Peter jedoch stets ganz ruhig: bei „You’ll never walk alone“. Ehrlich. Der Refrain hatte auf das unruhige Baby ohne Schlaflust stets eine richtig meditative Wirkung: Spätestens bei der zweiten Wiederholung war er im Tiefschlaf. Selbst als Peter mit acht Monaten spätabends an einem Leistenbruch operiert werden musste und danach, narkose-durcheinander, im fremden Klinikbett keine Ruhe fand, half dieses Heilmittel. Ich trug das wimmernde Bündel Mensch des Nächtens durch das spärlich beleuchtete Krankenzimmer und sang aus voller Seele meinen Fußballklassiker. Und Peter? Er fand endlich Ruhe – nachdem er zuvor stundenlang geweint hatte. Ich ärgerte mich, dass mir diese Idee nicht früher gekommen war. Bis heute singen Peter und ich jeden Abend „unser“ Lied. Peter kann mit knapp vier Jahren den Text besser als manch einer, der schon seit Jahrzehnten im A-Block steht – inklusive Übersetzung. Neulich hatten wir ein Problem. Ich hatte einen Abendtermin, und Peter schlief bei meiner Abfahrt noch nicht. Markus musste singen – und blieb beim Text prompt hängen. Peter war ganz schockiert: „Der Papa konnte nicht mal den Text. Den musst Du ihm mal ausdrucken.“ Haben wir getan – für ähnliche Fälle.

Für alle, die „unser“ Lied nicht kennen:

Walk on 1

Walk on2

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