Beim Zahnarzt geht es mir immer so, wie wenn ich einen Brief von meiner Stadtverwaltung (Strafzettel wegen Rasens), der Stadtbücherei (Mahnung wegen Fristüberziehung) oder dem Finanzamt (irgendwelche Belege zu spät geschickt) im Briefkasten habe: Ich fühle mich schuldig. Schuldig, weil ich nicht die Dutzende von Zahnpflegeprodukten im Schrank habe, von denen einen die Werbung glauben macht, man brauche sie unbedingt. Für minzfrischen Atem, gegen Zahnfleischschwund oder für die Dritten (die ich gottlob noch nicht habe). Tausend Gelegenheiten fallen mir ein, zu denen ich die Zähne (aufgrund von Zeitmangel) nur schnell schnell und nicht nach KAI-Prinzipien geputzt habe. Und schon gar nicht in kleinen Kreisen, sondern eher schrubb-schrubb. Ich erinnere mich an meine elektrische Zahnbürste. Schuldbewusst, weil sie gerade nicht aufgeladen ist. Überhaupt bin ich niemand, der gern zum Zahnarzt geht. Obwohl mein Zahnarzt jung, gutaussehend, nett und umgänglich ist. Trotzdem. Trotzdem reisen bei mir zu viel Angst und schlechte Erinnerungen an längst vergangene Zeiten mit (für die mein heutiger Zahnarzt absolut nichts kann). Ich mag den Geruch in der Praxis nicht. Ich kann den Bohrer nicht hören. Ich mag nicht einmal seinen automatischen Stuhl. Selten im Leben bin ich so erleichtert, wenn er sagt: „Alles okay.“ In einem halben Jahr ist es wieder soweit.