Es klingelt spätabends an der Haustür. Entgegen der Ratschläge aller die Sicherheit liebenden Menschen öffne ich sofort die Türe, weil ich eins der Kinder draußen wähne. Wozu haben wir eigentlich eine Sprechanlage? Denn leider Fehlanzeige. Keins meiner Kinder. Draußen steht ein junger Mann. Grinsend über beide Backen und in Knallorange, was meine superduper LED-Außenleuchte toll reflektiert. Ich muss die Augen zusammenkneifen, so heftig strahlt er. Er ist aber immer noch da, als ich sie wieder öffne.
„Guten Abend“, trällert der späte Gast vergnügt, „ich bin der Kevin vom Frühstücksdienst.“ Ich, wenig einfallsreich: „Aha. Und?!“ Seine Fröhlichkeit steigert sich ins Unermessliche. Er singt beim Sprechen, was ich abends nicht mehr so gut ab kann. Ein Kind hustet, das andere hat Magen-Darm. Tolle Nacht und tollen Tag gehabt. Der orangene Jüngling strahlt mich an und lässt erfahren die Zähne blitzen. Vermutlich will er mich aufmuntern, wie ich so müde und alt in der Tür stehe: „Ich würde Ihnen gern Frühstück bringen.“ So zackig hat mir das noch kein Mann angeboten, obwohl ich die Fünfzehn plus zwölf bereits überschritten habe. Ich: „Danke, dafür habe ich aktuell keinen Bedarf.“ Er wird kokett: „Frühstücken Sie nicht?“ Ich: „Doch, aber ich kann mich aktuell noch selbst versorgen, auch wenn das im Moment auch nicht so aussehen mag. Außerdem frühstücke ich meistens schon morgens um fünf oder um halb sechs. Wenn Paul eben Hunger hat.“ Er: „Oh. Das ist aber schade.“ Das stimmt. Mir ist fünf Uhr morgens auch zu früh, Kevin. Kevin verabschiedet sich fröhlich. Vermutlich denkt er, Glück gehabt.
Die Jungs kommen aus dem Wohnzimmer angeschlichen, neugierig geworden durch das Stimmengewirr: „Mama, was wollte der Mann denn?“ Peter grinst verhalten: „Mit der Mama frühstücken, Paul. Hast Du doch gehört.“ Paul schüttelt entschieden den Kopf: „Den brauchst Du ja aber gar nicht. Gell, Mama, Du hast ja uns.“ Ja Paulchen. Und das sogar schon morgens um fünf.