Scharfe Sache

Meine Kinder haben stets gern gekocht und gebacken. Peter zaubert zwischenzeitlich feine Menüs und aufwendige Torten, Paulchen bringt es gekonnt auf kleine Snacks, und das, ohne die Küche zu zerstören. Was soll ich sagen: Verhungern muss keiner mehr. Auch der kleine Mops experimentiert unglaublich gern – diese Woche mit einer Chilischote. Diese lag unschuldig bei Äpfeln und Tomaten in unserer Obst-Etagere. Eingeplant für ein deftiges Gulasch. Bis Paul auf die Idee kam, das gute Stück in einem Rührei zu verarbeiten. Alle Hinweise, das Ding sei wirklich scharf, verpufften im Nichts. Paul schnitt die Chilischote mühevoll klein. Er entfernte aber wenigstens die Kerne, verbunden mit dem fachkundigen Hinweis, das habe er in einer Kochsendung so gesehen: Letztere seien unglaublich geschmacksintensiv. In einem unbeobachteten Moment probierte der Mini-Koch ein Fitzelchen der Schote. Was soll ich sagen? Ja, die Schote war scharf. Das bedauernswerte Kind lief rot an und brüllte lautstark nach Wasser. „Nein“, brüllte der Gatte zurück, „Wasser ist ganz schlecht! Iss ein Stückchen Brot!“ Der kleine Thronfolger zürnte mit hochrotem Kopf zurück: „Ich.Will.Kein.Brot!!! Wasser!!!“ So ging es diverse Male hin und her. Irgendwann googelte Paul selbst auf dem Smartphone, was gegen zu scharfes Essen helfen könnte: Milch! Das gelang prächtig. Seine Gesichtsfarbe normalisierte sich umgehend. Zum Glück hatte Paul nicht zu viel probiert.

Der Rest der an der Misere nicht ganz unschuldigen Schote lag allerdings immer noch unbehelligt auf dem Schneidebrett. „Ist die echt so scharf?“, fragte der Gatte, „das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.“ Todesmutig legte auch er ein stattliches Stück auf sein abendliches Vesperbrot und biss beherzt hinein. Es war wie in Hollywood. Herr Kasi lief rot an. Tränen traten in seine Augen, Angstschweiß auf seine Stirn. Er bat um Wasser. Ich brachte ihm Milch. Wir wussten ja jetzt Bescheid.

Da der Gatte hausintern nicht zwingend als derjenige bekannt ist, der scharfe Speisen gut ab kann, packte mich spontan die Neugier. Auf meinem Käsebrot landete ebenfalls ein Stück Chilischote. „Boah“, dachte ich, „was stellen die sich wieder an! Männer!“ Nun, was soll ich sagen? Es schnürte mir den Atem ab. Ich spürte spontan meine Mundhöhle nicht mehr. Ein Gefühl wie beim Zahnarzt nach einer örtlichen Betäubung. Ich wollte Feuer spucken. Ich fuchtelte mit den Händen. Suchte nach einem Taschentuch für meine Tränenflut. In einem Trickfilm hätte es spontan aus meinen Ohren gedampft oder aus der Nase geraucht. Das Ende des beschaulichen Abends: Familie Kasi saß einträchtig und friedlich am Abendbrottisch. Jedes Familienmitglied hatte einen veritablen Becher Milch vor sich. „Zum Glück habe ich noch die Kerne rausgeschnitten“, meinte Paul, „die sollen ja wirklich scharf sein.“ Ja, was für ein Glück.

Selbst der Kleinste von Familie Kasi ist mittlerweile schon in der Küche aktiv…

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