Das alte Jahr endete mit zwei Zahnspangen, die nach drei langen Jahren endlich raus durften. Wir waren alle froh, die Begleitumstände der beiden Gerätschaften hatten wir nicht immer genossen (Zahnentzündungen, Kieferschmerzen, Kopfweh). Wie waren wir also froh! Ein herrliches Weihnachtsgeschenk in einem Jahr, das so gar nicht richtig weihnachtlich werden wollte. Sie wissen schon!
Doch nachdem die ollen Metalldinger draußen waren (nebenbei: Das Ergebnis ist BILDSCHÖN!) setzten sich die Weisheitszähne im selben Kiefer in Gang. An und für sich hatte das bedauernswerte Sohnkind die gleichen Beschwerden wie vorher, nur eben ohne Metall im Mund. Was tat er mir leid!
Hilfe brachten der Zahnarzt unseres Vertrauens und der Kieferchirurg in der Nachbarstadt. Beide reagierten schnell. Weihnachten verbrachte der große Sohn folgerichtig ohne Spangen, aber mit dicken Backen. Während er Smoothies durch Strohhalme zog und dicke Gemüsesuppen schlürfte. Irgendwann waren auch die Weisheits-Fäden wieder draußen. Jetzt, so dachten wir, beginnen die Ferien. Mit Grausen erinnerte ich mich an meine eigene Weisheitszahn-OPs.
Exakt einen Tag nach dem Fädenziehen brachte ein Höllenschlag unser Haus zum Beben. Was war geschehen? Den frisch zahngenesenen Thronfolger hatte es – auf Socken – die Holztreppe hinuntergeschlagen. Bei einer Körpergröße von gut 1,80 Meter schafft man solche Manöver nicht, ohne sich irgendwo anzuschlagen. Den Mordslärm verursacht hatte jedoch ein komplexes Kurvenmanöver. Das gute Sohnkind wollte meine Bodensee-Kartoffeln, die nach dem Kochen unschuldig darauf warteten, wieder in den Keller getragen zu werden, quasi im Flug umfahren. Das Ende vom Lied: ein dicker, blauer Knöchel und neuerlicher Unwillen. „Wenigstens kann ich trotzdem wieder alles essen und trinken“, meinte der Sohn tapfer., während der Gatte ihm das Gelenk einsalbte und tapte. Und sprach mir aus der Seele, während er Schokolade, Kekse und Cola bunkerte. Es war außerdem nicht allzu lange her, dass mich der Arzt in der Notaufnahme nach einem freundlichen „Ja hallo, Sie sind’s! Mit wem sind Sie denn heute da?!“ begrüßt hatte.
Der Knöchel wurde besser, die Laune im Haus auch. Bis der Kleine Bobfahren ging und hinter dem Haus eine Schneerampe zum Schanzen baute. Ja, was soll ich sagen? Beim Abendessen hielt er seinen rechten Arm seltsam verkrümmt über dem Wurstbrot. Man sah, dass er Schmerzen hatte. Investigative Recherchen meinerseits brachten das Ergebnis: besagter Wintersportunfall. Dass das Handgelenk dick anschwoll, muss ich wohl nicht erwähnen.
Was soll ich sagen? Wieder holten wir das Verbandsmaterial herbei. Die Kühl-Akkus waren noch griffbereit, die Salbe genauso. Überflüssigerweise wies der kleine Mops abends dann auch noch darauf hin, er habe Zahnweh. Was soll ich sagen? Er kriegt Backenzähne.
